Im Rausch der Sinne auf der Insel der Götter, Teil 1
Backpacking Indonesien: Bali
Lovina, Munduk, Banjar
Ob denn Bali wirklich so schön sei wie auf den Bildern im Internet fragt mich ein Bekannter, als ich mich einer längeren Konversation aus Abwesenheitsgründen mit Ortsangabe entziehe. Meine Antwort versinnbildlicht die wahre Distanz zwischen Deutschland und hier. ‘Fotos sind zweidimensional’, antworte ich, ‘Bali live jedoch achtdimensional’. Mindestens.
Bali, die Insel der Götter, Geister und Dämonen, ist die letzte hinduistische Enklave im sonst zumeist muslimisch geprägten indonesischen Inselarchipel. Die erwähnten Spirits sind hier allgegenwärtig, werden von den Balinesen hoch verehrt und man opfert ihnen täglich. Dafür beschützen sie Insel und Bewohner in allen Lebenslagen. Sogar wir machen Bekanntschaft mit ihnen – doch dazu später.
Größentechnisch ist die westlichste der kleinen Sundainseln recht überschaubar, die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 95 km, von West nach Ost sind es 145 km. Sollte sich also gut erkunden lassen. Und das, Bali, meine Schöne, werden wir tun!
Zunächst mal lässt uns Bali innerhalb kürzester Zeit unseren Lombok-Frust vergessen. Kaum in Amed (einem Minihafen an der Ostküste) angekommen, ist alles wieder schön. Während wir auf unseren Bus warten hält ein Bemo, ein ortstypischer (für deutsche Verhältnisse schrottreifer) Kleintransporter, und nimmt uns direkt mit nach Lovina an der Nordküste. Das freut uns, denn Bemos nutzen sonst fast nur die Einheimischen, da Fremde das oft verwirrende System der Umsteigemöglichkeiten gar nicht erst durchschauen und die Fahrer oft kein Englisch sprechen. Klar, die Fahrt dauert länger, alles klappert und nix ist klimatisiert – aber die mitreisenden Einheimischen sehr zugänglich und mit Händen, Füßen und ihrem allgegenwärtigen Lächeln überaus kommunikationsbereit. Wir genießen die ca. dreistündige Fahrt und erleben hier schon den ersten Rausch an Eindrücken. Die üppige und blütenreiche Vegetation, der typisch balinesischen Baustil mit seinen tausenden kleiner und großer Tempelanlagen, die farbenfrohen Sarongs der meist hinduistischen Bewohner – alles wirkt (und ist!) hier viel offener, einladender und sympathischer.
Lovina wirkt auf den ersten Blick nicht wie der Traumurlaubsort, ich mag nach wie vor schwarze Vulkanstände nicht besonders und offenbar kommt hier her, wer Delphinsuch- und -findetrips machen will oder tauchen will oder wenn man Ü60 ist. Fällt für uns also schon mal alles aus. Doch wie so oft machen wieder die menschlichen Begegnungen einen Aufenthalt zum Erlebnis – und daran mangelt uns hier nicht. Wir sind gerührt und ergriffen und ziemlich schnell auf einem sehr freundschaftlichen Level (Om swastiastu Maria, Komang, Piu, Komang ‘tomato’!! :)).
An dieser Stelle sei mal die für uns ungewöhnlich erscheinende Vergabe balinesischer Vornamen erwähnt, hier wird nämlich schlicht und einfach durchnummeriert. Der/die Erste erhält den Namen Wayan, Putu oder Gede, Nummer 2 ist Made, Nummer 3 Komang oder Nyoman und Nr. 4 Ketut. Sollte Nummer 5 unterwegs sein, fängt man einfach von vorn wieder an. Für Jungs und Mädels gilt Gleichberechtigung, lediglich im Schriftlichen wird ein I (männlich) oder NI (weiblich) vorangestellt. Für den besseren Durchblick bzw. die interne Kommunikation also einfach nach den vielfach schon vorhandenen Nicknames fragen (nama belakang) oder selber welche vergeben ;).
An Zielorten rund um Lovina standen drei für uns von vornherein fest: der Besuch einer Luwak-Kaffee und Gewürzplantage (von denen es rund um Mayong und Munduk so einige gibt), außerdem ein Bad in den heiligen heißen Quellen von Banjar sowie ein Besuch des einzigen buddhistischen Kloster der Insel, dem Brahma Vihara Ashrama in Banjar. Auf organisierte Bustouren hatte ich wie üblich keine Lust, was sich am Ende als wieder mal sehr weise herausstellt. Somit organisieren wir uns abends beim Bierchen in ZiGiZ Bar einen privaten Fahrer, Tony, dem sich am nächsten Morgen kurzerhand und allen Göttern, Geistern und Dämonen sei Dank noch Komang anschließt, und wir verbringen einen unglaublich ereignisreichen, sensitiven und lustigen Tag, der alle Sinne explodieren lässt. Eingehüllt vom Geruch der am Straßenrand trocknenden Gewürznelken und dem Geschmack frischer Orangen genießen wir den Blick auf kühle Bergseen und in Sonne getauchte, sattgrüne Reisfelder, stampfen den für Bali einzigartigen, vom Herstellungsprozess her abseitigen und dennoch/daher sauteuren Luwak-Kaffee, lernen wie Vanille wächst, führen seelenverwandte Gespräche, haben ein wirklich leckeres Mittagessen in einem wirklich abgefuckten Warung, entspannen im 37 Grad warmen Wasser der heiligen Quellen und mir ist eine unbeschreibliche Erfahrung abends im Kloster vergönnt … What a day! Terima kasih banyak guys, free hugs for a lifetime!! ;).
Die nachfolgende Abschiedsrunde fällt schwer, aber am nächsten Morgen fahren wir weiter nach Ubud. Schnief. Auch das ist eine der Bali-Dimensionen, es gibt immer und überall einen irgendwie wehmütigen Abschiedsschmerz.
Dennoch: Wer irgendwie kann, möge sich auf Land und Leute ein- und vorgeformte Touren auslassen. Dann erlebt ihr einen Sinneswandel allererster Güte, versprochen!
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